Mobilitätsdesign
Was ist eigentlich Mobilitätsdesign?
Automobil- oder TransportationdesignerInnen gestalten Fahrzeuge. Im Gegensatz dazu widmet sich das Mobilitätsdesign einem ganzen Verkehrssystem. Die EntwicklerInnen und GestalterInnen des Mobilitätsdesigns konzipieren nicht das Fahrzeug, sondern sie entwerfen Übergänge und Schnittstellen zwischen verschiedenen Verkehrsträgern. Beispielsweise bündelt die App Jelbi unterschiedlichste Mobilitätsangebote in Berlin.
Sobald diese Dinge und Dienste schwer zu benutzen sind, sinken Begeisterung und Zahlungsbereitschaft. Folglich müssen die Zugangsbarrieren niedrig gestaltet sein, um eine Akzeptanz für neue Mobilitätsdienstleistungen und alternative Verkehrsmittel zu gewinnen.
Mobilität
Unter Mobilität verstehen wir eine Raumüberwindung zwischen zwei Punkten. Die räumliche Mobilität wird in dazwischenliegender Entfernung bzw. Strecke und der notwendigen Zeit gemessen. Um mobil zu sein, sind die Möglichkeit und eine Bereitschaft zur Bewegung notwendig.
Verkehr
Unter Verkehr verstehen wir die realisierte Mobilität. Als Verkehr beschreiben wir die Ortsänderung von Personen, materiellen oder immateriellen Gütern und Ressourcen. Vielfältige Verkehrssysteme ermöglichen unterschiedliche Formen des Transports.
Bedürfnis nach Mobilität
Unsere moderne Gesellschaft charakterisiert eine zunehmende Differenzierung. Weil soziale Aktivitäten wie Wohnen, Arbeiten, Bildung und Freizeit aktuell an verschiedenen Orten stattfinden, sind die Menschen mobiler als ihre Vorfahren. Neben dem Zwang zu mehr Mobilität, dient das Unterwegssein auch unserer Identitätsstiftung. Die gewandelten Bedürfnisse und die neuen technischen Möglichkeiten entfalten neue Mobilitätsformen. Wir befinden uns im Wandel zur multimodalen Mobilität.
Momentaufnahme der Mobilität
IMMER MEHR MENSCHEN, DIE IMMER ÄLTER WERDEN, LEBEN AUF IMMER ENGEREM RAUM. SIE VERBRAUCHEN IMMER MEHR RESSOURCEN, VERURSACHEN IMMER MEHR EMISSIONEN UND SIND IMMER MEHR UNTERWEGS. (vgl. Rammler)
micro mobility
Unter Micromobilität werden kleine elektrische Transportmittel, die deutlich kleiner und kompakter als Autos sind, zusammengefasst. Zu den kleinen Verkehrsmitteln zählen wir unter anderem Elektro-Tretroller, Elektroroller, Segways, Pedelecs, Hoverboards oder Monowheels. Ein beachtlicher Trend im Mobilitätsdesign ist der Bike Boom. Fahrräder wandeln sich vom Freizeitgerät zum ökologischen, gesunden und kostengünstigen Verkehrsmittel in der Stadt.
long distance
Eine Bewegung von Gütern oder Personen über weite Entfernungen nennen wir geläufig Fernverkehr. Dazu zählen wir sowohl Straßen- als auch Schienenfahrzeuge. Der öffentliche Personenverkehr wird in Regional– oder Nahverkehr und Fernverkehr gegliedert. Weite Entfernungen lassen sich zudem mit Flugzeugen und Schiffen überbrücken.
Besonders im Straßengüterverkehr zeichnen sich große Automatisierungssprünge ab. So können LKW’s Güter autonom über Autobahnen transportieren – wie die Studie Highway Pilot von Mercedes zeigt. Entfernte Orte rücken durch Hochgeschwindigkeitstrassen und eine Steigerung der Flugdichte zusammen.
Neben dem Ausbau etablierter Verkehrsnetze zeichnen sich neue Lösungen, etwa Drohnentaxis oder der Hyperloop ab.
space
Die Raumfahrt erfährt durch Startups wie Space Adventures oder SpaceX ein Come-Back. Neben konventionellen Raketen als Shuttle für Satelliten und Astronauten verfolgt SpaceX das Ziel von Mond- und Marsflügen. Abseits der Raumfahrt werden durch die neuen Raketen interkontinentale Distanzen verkleinert. Entsprechend wird es möglich sein, für ein Dinner kurzer Hand nach Japan zu düsen.
Warum dominiert das Auto unsere Mobilität?
Besonders bei uns im „Land der Lenker“ (Thomas Vašek) verkörpern Autos Freiheit und Unabhängigkeit. Zu oft glauben wir, dass unsere Autonomie und Flexibilität durch kein Verkehrsmittel besser ermöglicht wird als durch das Auto. Mit unserem gesellschaftlichen Wohlstandswachstum, mehr Freizeit und einer Bedeutungssteigerung unserer Individualität wurde das Automobil zu dem ultimativen Verkehrsmittel. Dabei könnten wir auch anders auto-mobil, kurz gesagt selbst-beweglich sein.
Automobildesign
Ein Teilgebiet des Mobilitätsdesigns ist das Automobildesign. Automobil- oder TransportationdesignerInnen gestalten Flugzeuge, Boote, Züge und natürlich Motorräder und Autos. Während traditionell Fahrzeuge gestaltet wurden, stehen zunehmend Mobilitätserlebnisse im Gestaltungsfokus. Hier gibt es einige Einblicke in das klassische Automobildesign.
Motorrad Design
Eine Extremform des Automobildesign ist das Motorrad Design. Einige Gedanken zu den hoch emotionalen Produkten.
Innovationsfelder im Mobilitätsdesign
Neben den klassische Konzepten ökologischer Verkehrspolitik – Verbesserung, Verlagerung, Vermeidung – entstehen durch aktuelle Trends, etwa der Digitalisierung, der Bevölkerungsalterung oder unserem verstärkten Umweltbewusstsein, neue Impulse für die Mobilität von Morgen. Nach Stephan Rammler können wir unsere Mobilität durch drei Innovationsfelder gestalten.
Produktinnovationen
Unser Mobilitätsverhalten wird sich durch tragfähige Produktinnovationen verändern. Zahlreiche Microcarrierer bewegen uns rasch auf der letzten Meile. Elektromobilität, E-Fuels und Wasserstoffantriebe sind unschlagbare emmisionsfreie Alternativen zu klassischen Verbrennungsmotoren. Obendrein gewinnen wir mehr Freiraum durch automatisiertes Fahren und autonome Fahrzeuge. Und autonome Shuttles, wie der CUbE von Continental steigern die Attraktivität der ÖPNV´s. Folglich verändern viele Produktinnovationen unser Mobilitätsverhalten. Darüber hinaus wird der Verkehr durch die Innovationen sicherer, effizienter und ressourcenschonender, wie SkySails für Containerschiffe zeigen.
Nutzungsinnovationen
Ein großes Gestaltungsfeld des Mobilitätsdesigns ist das Analysieren und Konzipieren neuer Nutzungsmöglichkeiten. Viele Nutzungsinnovationen wie Auto-Flatrates oder Carsharing erschüttern bereits alte Produktvorstellungen. Produktinnovationen wie Drohnentaxis oder Tretroller erschließen bis vor kurzem noch ungeahnte Nutzungsszenarien. Insgesamt entwickelt sich unser Mobilitätsverhalten vom Besitz eigener Vehikel zu einer aktiven Nutzung diverser Verkehrsmittel.
Systeminnovationen
Das größte, aber auch langsamste Innovationsfeld im Mobilitätsdesign sind Systeminnovationen. Durch gut ausgebaute Mobilfunknetze werden Nutzungsinnovationen wie Echtzeitbuchungen und Statusabfragen möglich. Entsprechend ermöglichen Infrastrukturveränderungen, etwa der Ausbau des Ladestationen-Netzes oder eine elektrifizierte Truckspur auf Autobahnen neue Nutzungen und fordern neue Produkte. Die Tücken der Systeminnovationen werden besonders durch die Geschichte des Transrapids in Deutschland veranschaulicht.
Entwicklungen im Mobilitätsdesign
In unserer breiten Gegenwart (H.Ulrich Gumbrecht) erleben wir unüberschaubar viele Einflüsse, Trends und Entwicklungen parallel. Trotz der Flut aktueller Ereignisse zeichnen sich Entwicklungen ab, die unser Mobilitätsverhalten zukünftig prägen werden. Wir werden Mobilität nicht mehr in verschiedenen Verkehrsmitteln denken, sondern in Mobilitätsketten. Wir befinden uns bereits in dem Wandel von Modal Split zu multimodaler Mobilität. Mobilität wird barrierefreier und öffentliche Verkehrsmittel erfahren durch individuellere Angebote eine steigende Bedeutung. Außerdem werden die Fahrzeugparks diverser und automatisiert.
multimodale Mobilität
Der öffentliche Personenverkehr wandelt sich zur individuellen Massenmobilität. Dank vernetzter Bahnen, Busse und Microcarrierer, etwa Scootern, Fahrrädern oder Rollern entstehen nahtlose Übergänge zwischen Transportmitteln. Zudem steigern Digitalisierung, Big Data und Connectivity die Effektivität der öffentlichen Verkehrsmittel. Unterschiedliche Verkehrsträger organisieren sich so zu intelligenten Mobilitätsketten – „Seamless Mobility“. Die Diversität urbaner Verkehrsmittel wird um zahlreiche neue Vehicel, wie autonome Shuttles oder Flug-Taxis ergänzt.
Sharing
Unsere individuelle Mobilität mit Autos wandelt sich von einem Fahrzeugbesitz zur Fahrzeugnutzung. Sharing ermöglicht uns eine höhere Flexibilität zu geringeren Kosten. Die zahlreichen Sharingangebote reichen von professionellen Anbietern, über Peer-to-Peer Vermietungen von Privatfahrzeugen hin zu Mitfahrgelegenheiten. Möglich wird Carsharing durch C2C Kommunikation in Echtzeit. Darüber hinaus werden Carsharing und ÖPNV zu nahtlosen Mobilitätsketten verknüpft.
postfossile Antriebe
Unser Mobilitätsverhalten ist mehr denn je mit umweltethischen Fragestellungen konfrontiert. Sicher ist, dass wir die Mobilitätserlebnisse von morgen nicht fossil antreiben. Die Elektromobilität nimmt hier eine Vorreiterrolle ein und ist Sinnbild für die Energiewende. Wir haben die Möglichkeit, neben neuen Fortbewegungsformen auch neue Antriebsformen mit zu gestalten. Die Batterie ist neben Wasserstoffspeichern oder E-Fuels eine Möglichkeit, Energie für Mobilität bereitzustellen.
autonomes Fahren
Autonome Fahrzeugkonzepte versprechen uns weniger Staus und Unfälle, mehr Sicherheit und eine höhrere Ressourceneffizienz. Pilotiertes Fahren wird durch eine große Anzahl an Sensoren und einer Vernetzung des Fahrzeuges in der Umgebung möglich. 5 Stufen definieren den Grad der Automatisierung von Fahrzeugen. Während der Fahrer von Level 1, dem assistierten Fahren, bis Level 4, dem vollautomatisierten Fahren verantwortlicher Fahrer ist, wird er mit Level 5, dem autonomen Fahren zum Passagier. Neben autonomen „Autos“ werden uns Shuttels, Bahnen und Drohnen führerlos bewegen.
Drohentechnologie
Besonders in urbanen Ballungsgebieten mit hohem Verkehrsaufkommen sollen Drohnentaxis bald über verstopfte Straßen gleiten. Während Drohen beim Militär und bei Bastlern schon lange etabliert sind, wurde die erste Passagier-Drohne erst 2016 präsentiert.
In meiner Masterarbeit gestaltete ich eine Drohne für besondere Abenteuer. Mit Protes entdecken Sie abseits aller Ballungsräume unberührte Landstriche.
Für alle, die mehr von Mobilitätsdesign bewegt werden wollen, empfehle ich folgende Artikel:
Die Neuerfindung der Mobilität
Stephan Rammler
Die Evolution der Mobilität
ADAC Mobilität 2040
räumliche Mobilität
wikipedia
Land der Lenker: Die Deutschen und Ihr Auto
Thomas Vašek