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Ist Design formschön? Schönheit im Design

Ist Design form-schön?

Formschön – Sind Designer Schönheitschirurgen?


Schöne Dinge faszinieren uns, dabei können wir oft gar nicht sagen, was genau die positiven Gefühle in uns auslöst. Formschöne Podukte verführen uns leicht zu Kaufentscheidungen und animierien uns, die Objekte lange zu nutzen. Doch was genau verzaubert uns an solchen Objekten? Oft heißt es, das Design sei hervorragend, stilvoll, zeitlos oder wohlproprtioniert. In diesem Beitrag möchte ich mich formschönen Dingen widmen. Denn Formen, die uns verzaubern, sind keine zufälligen Ereignissen, sondern sie können mit dem Wissen um spannungsvolles Gewichten und gestalterischer Sensibilität strategisch geformt werden. Kurzum: Wann ist Design formschön?

Form-

Eine Form im Sinne einer Gestalt ist das sinnlich wahrnehmbare eines Objektes oder Lebewesens. Anders ausgedrückt: wir beschreiben das Phänomen als Umriss, Erscheinung oder Hülle.

-schön

Wir beschreiben mit dem Adjektiv schön, schöner oder am schönsten die angenehme Wirkung von Etwas auf uns. Dinge, Momente oder Lebewesen sind dann ansehnlich, anziehend oder attraktiv.

formschöne Karosserie

messbare Ästethik

formschön, messbare Ästethik - verhältnis von Ordnung und Komplexität

Vor über 80 Jahren stellte der amerikanische Mathematiker David Birkhoff die These auf, Ästhetik sei messbar. Er veröffentlichte 1933 in seinem Werk Aesthetic Measure die Formel M= O/C. Das ästhetische Maß ist der Quotient aus Ordnung und Komplexität. Daraus leitet sich ab, dass das ästhetische Maß mit einem Anwachsen der Ordnung oder einem Senken der Komplexität steigt.

Ordnung äußert sich in diesem Zusammenhang als das Wiederholen gleicher oder ähnlicher Elemente und im Verwenden von Symmetrien. Wenn alles in Ordnung ist, fühlen wir uns verstanden und verstehen das uns Umgebende. Ordnung, Übersichtlichkeit, Klarheiten und nachvollziehbare Zusammenhänge lösen dann in uns Gefühle der Sicherheit aus.

Komplexität äußert sich in Bezug zum äthetischen Maß als eine aufwendige Auseinandersetzung. Deshalb beschäftigen uns komplexe Objekte intensiv, wir müssen viel Energie aufbringen, um sie zu verstehen und beschreiben zu können.

Harmonie

Unter Hamonie verstehen wir ein wohlgeformtes, angenehmes Verbindungen, Zusammenführen oder Kontrastieren verschiedener Elemente. Überlegungen aus der Antike zufolge ist Harmonie die Einheit von Wert und Maß.

Um diese Zusammenhänge zu verdeutlichen, bediene ich mich musikalischer Harmonien. Sobald wir zwei Saiten zum schwingen bringen, entstehen bei besonderen Längenverhältnissen Harmonien. Beide Saiten klingen besonders gut zusammen, wenn eine Saite gleich lang, halb, zweidrittel oder dreiviertel so lang wie die andere ist. Indem wir ein 1:1 Verhältnis wählen, wiederholen wir das Vorhandene unverändert – dabei entsteht ein Einklang. Durch das 1:2 Verhältnis entsteht der gleiche Ton auf einer höheren Ebene – eine Oktave. Wenn wir ein 2:3 Verhältnis der Saiten wählen, entsteht der angenehme Klang einer Quinte. Mit einem 3:4 Längenverhältnis spielen wir schließlich eine Quarte an.

Schlussendlich finden wir auch bei den optisch wahrnehmbaren Verhältnissen, immer wiederkehrende wohlgeformte Proportionen. Entsprechend zu den verschiedenen Wirkungen von Qunite, Quarte oder Oktave, wirken auch 2:3, 3:4 oder 1:2 Verhältnisse stets verschieden. Mit dem Wissen um diese Wirkungen lassen sich Prodikte strategisch formen.

formschöne Gestaltung, die goldenen Proportionen

formschöne Proportionen

Sobald uns etwas wohl proportioniert erscheint, stehen die Größenverhältnisse einzelner Teilbereiche spannungsvoll und harmonisch zueinander und gliedern sich ausgewogen in die Gesamtform ein. Über viele Kulturräume und Zeitalter hinweg haben sich schöne Zahlenverhältnisse, wie der goldene Schnitt oder die Fibonacci-Folge etabliert.

Teilbereiche können wir formal auf drei unterschiedliche Arten in eine Gesamtform einfügen: additiv, integrativ und integral.

In der Attraktivitäsforschung wurden verschiedene Schönheitsindices entwickelt. Ein hervorzuhebender Aspekt ist der Durchschnitt. Gesichter erscheinen uns umso anziehender, je durchschnittlicher sie sind. Da sich Schönheitsideale verändern, formt sich auch der Durchschnitt ständig neu.

Durch bewusst gestaltete Größenverhältnisse wird ein Produkt nicht nur schön, sondern auch strategisch positioniert. Mit der Gestaltung definieren wir stets die Nähe des Produktes zu einem akzeptierten und etablierten Durchschnitt oder formen das Objekt als etwas Extremes. Im Produktdesign gibt es dafür zahlreiche Gestaltungsmethoden, wie Symmetrien und Parallelitäten, Trennungen durch unterschiedliche Oberfkächenveredelungen, Farben oder Materialwechel.

Farben und Materialien

Körper werden nicht nur durch Formen gegliedert, sondern auch durch ihre Oberflächenbehandlungen, Materialien und Farben. Hier gibts farbenfrohe Einblicke.

Ein gelungenes, formschönes Objekt erkennen wir an makellosen Reflektionen.
Highlight Analyse – Analysieren der Flächenkontinuität mit Zebra-Shadern

Formale Schönheit ist berechenbar.

formschöne Flächen

Während wir Flächen zweidimesional unter anderem mit dem Flächeninhalt beschreiben, definieren wir Körper dreidimensional über Volumina. Dennoch können sich Flächen über drei Dimensionen sowohl flach als auch gekrümmt im Raum erstrecken.

Flache Flächen wirken zu oft straight, unbeeindruckt nüchtern und präziese. Unbewegte Wasseroberflächen oder große Ebenen wirken beruhigend. Sobald Flächen plan sind, fallen sie optisch aus unserer natürlichen Umgebung heraus – sie scheinen wie nicht von dieser Welt. Platte Flächen fallen optisch ein und können sich im übertragenen Sinne nicht gegen ihr Umgebendes behaupten.

Gekrümmte Flächen wirken belebt. Im Design sprechen wir bei überspannten Flächen von bombiert und unterscheiden dabei konkav und konvex gewölbte Flächen. Im Alltag verraten uns pralle, knackige, reife, aufgeblasene oder verschrumpelte, gezeichnte, eingefallene Formen viel über den Zustand von Menschen, Tieren oder Lebensmitteln. Unbewusst übertragen wir diese Erfahrungen in die Produktwelt. Eine Variantion der Krümmung erzeugt optische Spannungen und kann Richtungen betonen. Während gleichmäßig gekrümmte Kugeloberflächen richtungslos wirken, sind Tropfenoberflächen gerichtet und optisch bewegt.

Folglich lassen sich Produkte durch die diversen Arten plastischer Flächengestaltung strategisch gestalten. Der Charakter eine Produktes, ob fresh, advanced oder erwachsen, kann feinplastisch herausgeformt werden.

formschöne Übergänge

Sobald zwei Flächen aufeinander treffen, entsteht ein Bruch. Diese Grenzen werden gewöhnlich als Kanten betont, mit Radien überblendet oder angefast. Diese Schwelle zwischen zwei Flächen eröffnet stets ungeahnte Gestaltungsmöglichkeiten. Die plastische Gestalt kann in diesem Breich einerseits durch einen markanten Bruch pointiert werden, andererseits können beide Flächen durch eine kontinueritliche Überblendung scheinbar unsichtbar verschmelzen. Zwischen beiden Extremen gibt eine große Bandbreite unterschiedlichster Lösungen.

Die Vielzahl der „Übergangslösungen“ werden in positional, tangent und curvature gegliedert. Treffen Flächen positional aufeinander, entsteht eine Kante. Kanten und Fasen wirken entschieden und präzise. Ein tangentialer Übergang wirkt unnatürlich technisch. Folglich wirken Radien technisch solide und vertrauenserweckend. Sobald Flächen stetig, curvature überblendet werden, scheint der Übergang nahtlos. Entsprechend wirken die fließenden Formen elegant und aerodynamisch.

formschöne, stetige Kurvenüberblednungen
tangent|curvature

tangential vs kurvenstetig

Werden zwei Kurven durch eine dritte überblendet, können wir das Detail als Radius oder kurvenstetige Überblendung ausformen. Während der Radius (Kreisausschnitt) an jeder Stelle gleich gekrümmt ist, nähert sich eine kurvenstetige Überblendung der Krümmnug ihrer Hauptkurven an. Aus diesem Grund entstehen bei radialen Überblendungen optische Brüche, wie in der Krümmungsanalyse oben zu sehen.

formschöne Flächenübergänge, positional, tangential, stetig
curvature|tangent|positional – Periodic Table of Form

Automobildesign

„Gutes Design“ ist ein entscheidendes Kaufkriterium. Der Designprozess in der Automobilbranche ist deshalb besonders intensiv. Während Produktdesigner ein Projekt in der Regel komplett begleiten, ist der Designprozess im Transportationdesign in die verschiedenen Disziplinen aufgegliedert. Die Projekte werden an den jeweiligen Experten weitergegeben. Hier gibts einige Einblicke in das klassische Automobildesign.

Methoden für formschöne Ergebnisse

clay modelling


Mit dem Industrieplasilin Clay gestalten Designer Objekte plastisch. Anhand der 3-dimensionalen Skulpturen lassen sich zeichnerische Ideen auf eine plastische Wirkung hin überprüfen und gestalten. Clay wird erwärmt aufgetragen und mit verschiedenen Spachteln und Klingen abgezogen. Anschließend entwickeln die Designer den Entwurf mit Sketches, Messerlinien und Tapes auf dem Modell weiter.

hard modelling


Während der Produktentwicklung simulieren Prototypen und Funktionsmodelle das zukünftige Produkt. Entsprechend werden die Ideen durch den Modellbau greifbarer. Die täuschend echten Prototypen helfen weitreichende Unternehmensentscheidungen zu treffen. Die Prototypen, Designstudien oder Showcars zeigen darüber hinaus die Publikumsreaktionen vor der Produkteinführung.

surface modelling


Hochwertige Freiformflächen werden mit Nurbs beschrieben. Die nicht-uniforme rationale BSplines (NURBS) können jeden nicht-verzweigten stetigen Linienzug darstellen. Freiformflächen können so mathematisch exakt beschrieben werden. Die Software Autodesk Alias und ICEM Surf etablierten sich in der Flächenmodellierung. Anhand von Streifenlichtern und Zebrashadern werden Krümmungsverläufe und Brüche auf den Flächen sichtbar.

CAS


Das computer-aided styling (CAS) ist ein virtueller Entwicklungsprozess im Design. Auf Grundlage von Absprachen, Sketches oder 3D-Scans werden Oberflächen modelliert. Inzwischen löst die computergestütze Gestaltung klassische Formfindung mit Clay und klassischen Modellbau vielerorts ab. Überdies werden im CAS-Prozess hochwertige class-A Oberflächen entwickelt.

Strak


Strak ist dem engl. strake entlehnt und beschreibt im Schiffsbau das Finden durchlaufender Plattengänge. Anders als im Flugzeug- oder Schiffsbau bezeichnet Straken im Automobildesign das Erstellen hochwertiger Freiformflächen. Die für Kunden sichtbaren Flächen werden aufwendig modelliert, um formschöne Skulpturen zu schaffen. Mithilfe von Highlightanalysen werden Reflexionen optimiert und Beulen oder S-Schläge ausgestrakt.

class A


Freiformflächen höchster Güte heißen Class-A. Besonders in der Automobilbranche werden die Oberflächen in Class-A, Class-B und Class-C kategorisiert. Sobald eine Fläche für den Kunden sichtbar ist, sprechen wir von einer Class-A-Fläche. Diese Flächen unterliegen höchsten Qualitätsansprüchen und werden gestrakt.

Alles nur Styling?

Sobald Designer innovative Produktkonzepte am Ende „nochmal schön machen“, verspotten wir ihre Arbeit zu oft als Styling. Dabei vernachlässigen wir oft, dass formschöne Objekte unter Umständen ergonomischer zu handhaben sind, oder sie durch ihre wertigere Ausführung später gegen neue Produkte ausgetauscht werden. Obendrein zeugen Class-A Flächen von hoher handwerklicher Güte. Natürlich kennen wir alle die Produkte mit „zu viel“ Design. Nichtsdestotrotz fallen uns viele Produkte gerade aufgrund ihrer formschönen Gestalt ins Auge. Hier gibts einen kleinen Einblick in die Welt des Stylings.

Ist Design formschön?

Wenn wir als Form oder Gestalt das sinnlich wahrnehmbare eines Objektes beschreiben, dann sollte ein gelungenes Produktdesign mit unseren Sinnen als gelungen wahrgenommen werden können. Gute Ideen und Konzepte werden umso besser wahrgenommen, wenn sie gut kommuniziert werden. Ich verstehe feinplastische Gestaltung als eine Rhetorik in der visuell-dinglichen Welt. Der Vergleich zur Rhetorik zeigt, dass sie unglücklich verwendet lächerlich macht, überzogen vorgetragen manipulativ wirkt, aber angemessen vorgetragen die Glaubwürdigkeit erheblich steigern kann.

Demzufolge können wir durch die Formgebung den unmittelbaren Schein eines Produktes dem eigentlichen Sein „anpassen“. Sobald der Betrachter zwischen beiden eine Übereinstimmung findet, fasst er das Produkt als authentisch auf. Die Gestalt verkörpert dann das Wesen des Produktes, erschließt die Funktionsweise und spiegelt die Marke wieder.

Obwohl der Designprozess in verschiedenen Stufen strukturiert ist, ist der Gestaltungsprozess ein kreativer, schöpferischer Akt. Gestaltende kombinieren eine Vielzahl gestalterischer Methoden mit persönlicher Erfahrungen, Motivationen und Vorlieben. Deshalb werden identische Aufgabenstellungen von verschiedenen DesigerInnen stets auf unterschiedliche Weise formschön gelöst.

Übrigens wurden Schiffe und Flugzeuge traditionell unterschiedlich gestrakt. Während die Straklatten im Schiffsbau flexible waren, wurden im Flugzeugebau steife, gerade Straklatten verwendet.

Lassen Sie uns anfangen

Suchen Sie einen engagierten Partner um Ihr nächstes Produkt formschön zu gestalten? Gelungene, schöne Produkte sind keine zufälligen Ereignisse, sondern bewusst gestaltete Artefakte.

Noch mehr formschöne Ausführungen gibts hier:

Prinzip Schönheit

Rolf A. Küster

Die Kraft der Grenzen

György Doczi

Form, Gestalt

Wikipedia

Goerge David Birkhoff

Wikipedia

A Periodic Table of Form

core77.com